EMRK fordert Russland auf, den Fall mit der Piratenpartei Russlands freundschaftlich zu regeln

EMRK fordert Russland auf, den Fall mit der Piratenpartei Russlands freundschaftlich zu regeln

ECHR Rassudov v. RussiaErinnern Sie sich an die scheinbar nicht enden wollende Geschichte der Weigerung der russischen Behörden, die Piratenpartei Russlands zu registrieren?
Sie begann im März 2011, als „in einer bizarren Wendung das Justizministerium es versäumt hat, zwischen Seeräubern und Urheberrechtsverletzern zu unterscheiden“, wie es die Moscow Times formulierte. Dann ging im Dezember 2012 eine zweite Ablehnung ein (PirateTimes berichtete) und eine dritte folgte schliesslich im Oktober 2013. Der russische Piratenpartei hatte versucht, diese Entscheidung vor Gericht anzufechten, aber bis Ende 2014 gingen ihr die Optionen aus, da alle russischen Gerichte die Entscheidung des russischen Justizministeriums bestätigten, die Piraten nicht in Russland registrieren zu lassen. Der Gang vor zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) war ihr letztes Mittel.

Jetzt, sieben Jahre nach der ursprünglichen Ablehnung  des Ministeriums, hat das EGMR den Fall eröffnet und fordert die beteiligten Streitparteien auf, bis zum 18. Januar 2021 eine einvernehmliche Lösung zu finden. Wenn keine gütliche Einigung gefunden werden kann, beginnt die reguläre, strittige Phase.

Zur Erinnerung: der Hauptgrund der russischen Behörden, die neue politische Partei nicht registrieren zu wollen, war der Name „Pirat“ selbst – das passe nicht zu einer politischen Partei, die Kandidaten für das Amt des Präsidenten der Russischen Föderation nominieren würde – und durch die Nominierung eines „Piraten“ würde sie sicherlich das Amt des Präsidenten selbst beschädigen!

Russland hat derzeit 42 registrierte politische Parteien – aber 2011, als die Piraten zum ersten Mal ihre Registrierung einreichten, waren es nur sieben. Der Anstieg der Zahl der Parteien ist auf eine weitere Entscheidung des EGMR zurückzuführen – das Fall der republikanischen Partei Russlands (heute bekannt unter dem Namen „Partei der Freiheit des Volkes“), die Russland dazu zwang, die Anforderungen an die Registrierung neuer politischer Parteien drastisch zu lockern. So wurde zum Beispiel die Zahl der Mitglieder, die eine Partei zum Zeitpunkt ihrer Registrierung haben sollte, von 40000 auf „nur“ 500 verringert (ein Rückgang um den Faktor 80). Zwischen 2012 und 2020 hatten insgesamt 90 neue politische Parteien die Registrierungskriterien erfüllt und wurden zugelassen, es wurde gleichzeitig aber auch die Registrierung von 56 Parteien wieder gestrichen. Die Zahl der neu registrierten Parteien ging in neuster Zeit drastisch zurück – zwischen 2017 und 2019 gab es null Neuregistrierungen, in diesem Jahr wurden die Registrierungen wieder aufgenommen, wobei vier neue Parteien registriert wurden.

Viele der neu registrierten Parteien in Russland sind sogenannte „Spoiler“ und haben die Aufgabe, die Opposition vorzutäuschen, und die Stimmen von denen ablenken, die Putins Machtpartei wirklich herausfordern könnten. Sie werden auch als „TV-Show-Parteien“ bezeichnet und schaffen eine Illusion von Wettbewerb und Demokratie, während die wirklichen Herausforderungen nicht registriert werden.
Zu den anderen Parteien, die das Schicksal der russischen Piraten teilen, gehört auch die Partei „Russland der Zukunft“ von Alexej Navalny, der ebenfalls mehrfach die Registrierung verweigert wurde.

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